Autor dieses Artsteckbriefes: Magdalena Meikl
Vipera berus (Linnaeus, 1758)
Kurzinfo |
Folgender Artsteckbrief stammt von Dr. Werner Kammel:
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Verbreitung und Lebensraum |
Die Kreuzotter besitzt weltweit die größte Verbreitung aller Schlangenarten. Ihr Areal erstreckt sich von Frankreich und Großbritannien über Nord- und Mitteleuropa und Asien bis zur Pazifikküste der Sowjetunion. Dabei überschreitet sie sogar den Polarkreis. Am Balkan beschränken sich Vorkommen der Nominatform (Vipera berus berus) auf Gebirgsregionen. |
Vorkommen in der Steiermark |
Die Kreuzotter besitzt in der Obersteiermark nördlich der Mur-Mürz-Furche oberhalb von 800 m Seehöhe eine weite Verbreitung. Diese klimatische Barriere konnte nur im Wechselgebiet überschritten werden. Hier ist ihre Ausbreitung in Richtung Fischbacher Alpen nicht genau bekannt. Aus diesem Bereich existieren nur einzelne, oft sehr alte oder nicht gesicherte Nachweise bis etwa zu den Gemeinden Wenigzell oder Ratten. Auf Grund einer fehlenden nacheiszeitlichen Wiederbesiedelung fehlt sie im Rest des Steirischen Randgebirges. Tiefer liegende Vorkommen in inneralpinen Feuchtgebieten sind aus den Ennstaler Moorlandschaften und dem Bereich des Grünen Sees bekannt. |
Hilfe zur Bestimmung |
Kreuzottern besitzen im Vergleich zu anderen Viperarten einen eher schlanken Körperbau mit einem nur leicht vom Körper abgesetzten Kopf, aber einen für Vipern typischen kurzen Schwanz (< 10 % der Körperlänge), katzenförmige Pupillen sowie zahlreiche kleine und wenige (meist 5) größere unregelmäßige Schuppen auf der Kopfoberseite. Die längs gekielten Schuppen bewirken ein raues (nicht glattes) Erscheinungsbild. Sie weist ein markantes braunes (Weibchen) oder schwarzes (Männchen) Zickzackband am Rücken auf. Am Hinterkopf besteht eine dunkle Zeichnung in der Form eines X oder verkehrten V. Zudem verläuft ein dunkles Schläfenband von der Schnauze über das Auge bis in die Halsregion. Die Grundfärbung besteht zwar meist aus unterschiedlichen Brauntönen, kann aber erheblich variieren. Abgesehen von vollkommen schwarz gefärbten Exemplaren („Höllenotter“) sind auch graue, gelbliche oder rötlichbraune („Kupferotter“) Tiere zu beobachten. In seltenen Fällen kann dabei auch das Zickzackband auf dunkle Randzacken reduziert sein. |
Ähnliche Arten |
Durch vollkommen unterschiedliche Verbreitungsgebiete und Lebensräume ist in der Natur eine Verwechslung mit der ähnlich gefärbten Wiesenotter auszuschließen. In Kärnten treffen die Lebensräume der Kreuzotter auf jene der Hornotter (Sandviper). Diese ist alleine aufgrund ihres Schnauzenhorns nicht zu verwechseln. |
Größe |
Gesamtlänge durchschnittlich 50 cm (Männchen) bis 60 cm (Weibchen). Letztere können aber bis zu 85 cm lang werden. Neugeborene Jungtiere sind 14-20 Zentimeter lang. |
Lebensweise |
Aufgrund einer Verbreitung mit einem Höhenunterschied von ca. 2.000 m lässt sich die Jahresaktivität der Kreuzotter nicht einheitlich beschreiben. Ihre Aktivität beginnt im zeitigen Frühjahr. Das kann in Gebirgslagen auch erst Mitte Juni bedeuten, zu einem Zeitpunkt, wo eine Schneeschmelze erst an besonnten Hanglagen stattfindet. Dabei erscheinen Männchen bis zu 2-3 Wochen vor den Weibchen. Die Paarung erfolgt nach einer erfolgten Frühjahrshäutung. In diesem Zeitraum kommt es nicht selten zu Kommentkämpfen zwischen den territorialen Männchen, ein harmloses Kräftemessen. In höheren Lagen können Weibchen nur alle zwei bis drei Jahre Jungtiere zur Welt bringen. Ab Ende August werden 5 bis 15 Jungtiere lebend geboren, die beim Schlupf durchschnittlich 14 bis 18 cm groß sind. Die Geschlechtsreife wird nach etwa 4 bis 5 Jahren mit einer Gesamtlänge ab ca. 45 cm erreicht. Die Art verhält sich zwar größtenteils territorial, zwischen Überwinterungs- und Paarungsplätzen sowie den sommerlichen Jagdrevieren können jedoch Wanderungen über etliche 100 m Distanz durchgeführt werden. Ihre Beutetiere bestehen bevorzugt aus Kleinsäugern (Mäusen) und Eidechsen, seltener werden auch Amphibien oder Vögel erbeutet. Bei Bedrohung reagieren Kreuzottern durchaus aggressiv und beißfreudig. Sie greifen den Menschen aber nicht aktiv an. Dieser Eindruck kann jedoch entstehen, wenn ihre Flucht (oft bergab oder zu Unterschlüpfen) verstellt wird. |
Gefährdung und Schutz |
Die Gebirgspopulationen der Kreuzotter sind nicht zuletzt durch ihre große Verbreitung in geringem Maße gefährdet. Hier wird jedoch ihr Lebensraum durch aufgelassene Almwirtschaften (Verwaldung) oder durch zu intensive Beweidung eingeschränkt. In tiefer gelegenen submontanen Bereichen mit Weidewirtschaft ist ein zunehmender Verlust strukturreicher Lebensräume (Waldsaumgesellschaften, Entsteinung von Wiesen, intensive Landwirtschaft) zu beobachten. Hier kommen auch forstwirtschaftliche Maßnahmen (großflächige Schlägerungen, monotone Fichtenkulturen) zum Tragen. Als stark gefährdet sind Vorkommen in Feuchtgebieten tieferer Lagen (Moore, Feuchtwiesen, Seengebiete) durch Verlust, Degradierung und Drainagierung ihres Lebensraumes zu bezeichnen. Somit bestehen die wichtigsten Schutzmaßnahmen im Erhalt inneralpiner Feuchtgebiete, einer nicht zu intensiven Almwirtschaft und einer naturverträglichen Forstwirtschaft. Nördlich des Alpenhauptkammes betrifft dies auch Feuchtgebiete, Heide- und naturnahe Waldlandschaften tieferer Lagen. Hier ist sie als besonders stark gefährdet zu betrachten. Die Kreuzotter besitzt gemäß FFH-Richtlinie keinen europaweiten Schutzstatus, sehr wohl jedoch nach den Naturschutzgesetzen der jeweiligen Bundesländer. In der Roten Liste Österreichs ist sie als „vulnerable = gefährdet“ eingestuft. |
Wissenswertes und Hinweise |
Bissunfälle kommen in Österreich regelmäßig vor. Für Bergwanderungen bieten festes Schuhwerk und lange Hosen einen ausreichenden Schutz. Beim Durchqueren dichter Vegetation wie Latschenfeldern kann der Einsatz eines Stockes zum Abklopfen von in den Weg ragenden Ästen hilfreich sein. Unfälle passieren häufig beim Beeren- und Schwammerlsuchen, da sich die Art gerne in Zwergsträuchern wie Erika, Wacholder oder Heidelbeeren versteckt. Auch bei unsachgemäßem Hantieren oder Fotografieren der Kreuzotter passieren oft Unfälle: Ein Sicherheitsabstand von zumindest einem halben Meter ist unbedingt einzuhalten! Abgesehen von den sehr schmerzhaften Schwellungen des gebissenen Körperteils treten ernstere gesundheitliche Folgen (vor allem Nierenschäden) oft erst ein paar Tage später auf. Daher sollte unbedingt ein Arzt oder ein Spital aufgesucht werden. Als Ersthilfe sind die Beruhigung der betroffenen Person und eine hohe Flüssigkeitsaufnahme (Wasser, kein Alkohol) hervorzuheben. Panik ist jedenfalls nicht angesagt. Das Abbinden oder Manipulieren der Wunde durch nicht sachverständige Personen ist zu unterlassen. Ein Antiserum wird nicht mehr verabreicht. Bei Hunden verläuft der Biss oft tödlich. Sie werden meist in die empfindliche Schnauze gebissen. |
Literaturhinweise |
CABELA, A. & GRILLITSCH, H. & HAPP, F. & HAPP, H. & KOLLAR, R. (1992) – Die Kriechtiere Kärntens. Carinthia II, 182./102. Jahrgang, Klagenfurt: 195-316 |