Autor dieses Artsteckbriefes: Gernot Neuwirth
Cymbalaria muralis G. Gärtner, B. Meyer & Scherbius
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Kurzinfo |
Der folgende Steckbrief wurde von Hans Hofer (Naturschutzbund Tirol) verfasst. |
Verbreitung und Lebensraum |
Der Weg zum Mühlauer Fuchloch, dem Paradefeuchtbiotop des Naturschutzbundes in Innsbruck, ist hangseitig von einer alten Natursteinmauer begrenzt. In den Ritzen dieser Mauer wachsen Mauerraute (Asplenium trichomanes L.), Stinkender Storchenschnabel (Geranium robertianum L.) und eben auch das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis GÄRTN.). Durch die Spalten zwischen den Steinen sickert aus dem Hang Feuchtigkeit heraus und bietet somit unserer Pflanze den optimalen Lebensraum. Von den Ufern des Mittelmeeres bis an den Rand der Alpen findet man das Zimbelkraut an feuchten Mauern, ganz selten auch an flachen Felsen. Nachweislich seit dem 16. Jahrhundert war es in Mitteleuropa eine beliebte Zier- und Heilpflanze, die aus dem Mittelmeerraum eingeführt worden ist und hier allmählich verwilderte. Es kann angenommen werden, dass die mitteleuropäischen Vorkommen durch Verwilderung entstanden sind. Heute ist das Zimbelkraut über den ganzen Erdkreis verbreitet. |
Interessante Links |
http://www.ruhr-uni-bochum.de/boga/html/Cymbalaria_muralis_Foto2.html |
Hilfe zur Bestimmung |
Das Zimbelkraut ist leicht zu bestimmen, erkennt man doch an der Blüte auf Anhieb die die Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae). Wie die Krone ist auch der Kelch blau bis lila gefärbt. Er ist zweilippig, doch sind die Lippen bis zum Grunde in fünf schmale Blättchen zerteilt. Die Fruchtstiele verlängern sich und wachsen in die dunklen Mauerritzen hinein. |
Ähnliche Arten |
Das Zimbelkraut sieht dem Alpen-Leinkraut am meisten ähnlich und stand lange in der gleichen Gattung wie dieses (Gattung Linaria). Die Blüten beider Pflanzen tragen einen Sporn, in dem sich Nektar sammelt. Ähnlich geformt sind auch die gelben Blüten des Gewöhnlichen Leinkrautes (Linaria vulgaris, MILL.), das wir häufig auf den trockenen und mageren Böden von Wegrändern antreffen, und die Blüten der anderen Leinkrautarten. |
Beschreibung |
Die langen, über die Mauern hängenden Stengel der Pflanze wurzeln an den Knoten und bilden von hier aus neue Triebe. Damit entstehen hängende Kissen, die an den Stängeln wechselständig Blätter tragen. Bereits die Blätter ziehen den Blick des Naturliebhabers auf sich, haben sie doch eine ähnliche Form wie Efeu, sie sind nur viel kleiner. Aus ihren Achseln wachsen Stiele hervor, die am Ende jeweils eine einzelne Blüte tragen. So klein diese Blüten auch sind, sie sind wunderschön und denen des Alpen-Leinkrauts ähnlich. Die blaue bis lilafarbene Krone ist deutlich zweilippig, wobei die Oberlippe zweizipflig und die Unterlippe dreizipflig ist. Am Grunde der Unterlippe wölbt sich ein Gaumen empor, der mit zwei auffallend gelben Saftmalen die Bestäuber zu den dahinter verborgenen Geschlechtsorganen lenkt. Das Zimbelkraut bildet vom Frühling bis in den Herbst hinein Blüten. |
Lebensweise |
Das auffallendste am Zimbelkraut ist die negative Fototropie der Fruchtstiele. Normalerweise wachsen alle grünen Pflanzenteile dem Licht entgegen, doch sobald die Bestäubung der Blüten abgeschlossen ist und der Fruchtknoten sich zu vergrößern beginnt, wendet sich sein Stiel vom Licht ab und wächst zielstrebig der dunkelsten Stelle entgegen. Damit wird die Frucht, eine kugelförmige Kapsel, in eine dunkle Mauerritze geschoben und die Samen können später an dem für die Pflanze optimalen Standort keimen. |
Gefährdung und Schutz |
Steinmauern, vor allem Trockensteinmauern, wurden an vielen Stellen durch Betonmauern ersetzt. Mit dem Rückgang dieser Biotope ist auch das Zimbelkraut selten geworden. Man kann es noch an an alten Weg- oder Friedhofsmauern bewundern. |
Wissenswertes und Hinweise |
Der Name Zimbelkraut geht auf das lateinische Wort Cymbalum (griech. Kymbalon) zurück. Das Wort Bedeutet Becken und meint hier die beckenförmige Vertiefung der Blattspreite zum Blattstiel hin. Als Heilpflanze wird das Zimbelkraut erstmals in den Kräuterbüchern von Lonicer (1582) und Matthiolus (1586) beschrieben. Die Angaben für die Anwendung sind sehr verschieden, hauptsächlich wurde es aber verwendet zur Heilung von Wunden, Entzündungen und Frauenleiden. Hauptinhaltsstoffe sind Iridoide, eine Stoffgruppe, die man auch im Spitzwegerich findet. |
Literaturhinweise |
Aichele D./Schwegler H-W, Die Blütenpflanzen Mitteleuropas, Stuttgart 2000 |