Autoren dieses Artsteckbriefes: Hans-Martin Berg , Margit Gross , Gernot Neuwirth
Citellus citellus Linnaeus, 1766
| ||
Kurzinfo |
Das Ziesel ist ein hörnchenartiges Nagetier der Steppengebiete Osteuropas, das spätestens im Mittelalter in die neu entstandenen Kultursteppen des östlichen Mitteleuropas vorgedrungen ist. Ziesel bewohnen in baumarmen Grasländern Erdbaue im Kolonieverband. Die Zerstörung ihrer Lebensräume und die direkte Verfolgung haben zu einem großflächigen Verschwinden der ehemals weit verbreiteten Art geführt. Damit war auch ein Rückgang der wichtigsten Fressfeinde, wie Kaiseradler, Sakerfalke und Steppeniltis verbunden. |
Verbreitung und Lebensraum |
Die Verbreitung des Ziesels in Österreich beschränkt sich weitgehend auf das pannonische Tief- und Hügelland. Auch wenn sich das Verbreitungsgebiet mehr oder minder gehalten hat, sind in den letzten Jahrzehnten die Vorkommen stark ausgedünnt. Großkolonien sind sehr selten geworden. |
Ähnliche Arten |
Flüchtende Ziesel können bei oberflächlicher Betrachtung mit Mauswiesel (Mustela nivalis) oder Hermelin (Mustela erminea) im Sommerkleid verwechselt werden, doch zeichnet diese bei genauer Betrachtung andersartige Färbung und unterschiedliches Verhalten aus. Schwieriger ist die Unterscheidung der Zieselbaue von denen des Feldhamsters (Cricetus cricetus), da sich die Eingänge (Löcher) recht ähnlich sein können und beide Arten mitunter nebeneinander vorkommen. |
Beschreibung |
Ziesel sind flinke, etwa Wanderratten große Nagetiere mit gelbbrauner bis brauner Färbung. Kurze Ohren und Beine, große Augen und ein mäßig langer Schwanz prägen das Aussehen. Charakteristisch ist das Männchen-Machen, das den Tieren eine bessere Übersicht und rechtzeitiges Erkennen von Gefahren, z.B. vor herannahenden Fressfeinden gewährt. Bei Gefahr geben die Tiere typische, laute Pfiffe ab. |
Lebensweise |
Ziesel bewohnen offene Lebensräume, die von einer niedrigen, gehölzfreien Grasvegetation geprägt werden. In der Kultursteppe werden derartige Flächen durch Beweidung oder Mahd regelmäßig kurz gehalten. Bevorzugt werden tiefgründige, selten oder nicht bearbeitete Böden, da Ziesel in selbst gegrabenen Erdbauen in Kolonien leben. Auch der Grundwasserspiegel muss daher tief liegen. Die Eingänge zu den etwa 1,5 m tiefen Bauen sind 5-7 cm breite, kreisrunde bis ovale Löcher, die in lockeren Gruppen angeordnet sind. Man unterscheidet Dauerbaue mit verzweigten Röhren, mehreren Eingängen und einer Nestkammer für den Aufenthalt, Aufzucht und Winterruhe sowie Schutzbaue, zumeist einfache Röhren, die als Fluchtraum und fallweise der Ruhe dienen. |
Gefährdung und Schutz |
Das Ziesel gilt in Österreich nach der aktuellen Roten Liste (2005) als stark gefährdete Art (endangered). Aufgrund des großräumigen Verlusts geeigneter Lebensräume sind viele Kolonien geschrumpft oder wegen einer fehlenden Anbindung an benachbarte Vorkommen erloschen. Durch zahlreiche, den Lebensraum zerschneidende Strukturen, wie Straßen und dicht verbaute Gebiete, wird der Austausch zwischen den Kolonien erschwert oder unmöglich gemacht. Zahlreiche Vorkommen in den verbliebenen Relikten von (Halb)Trockenrasen sind mangels Biotoppflege durch Aufkommen von höherer Vegetation (Verbuschung) vom Erlöschen bedroht. Kolonien auf Sekundärstandorten, v.a. auf Sportrasen, sind aufgrund einer konfliktären Nutzung durch den Menschen vereinzelt von Bekämpfungsmaßnahmen betroffen. Andererseits profitieren die Zieselbestände auf diesen Standorten auch von der regelmäßigen Pflege (Kurzhalten) der Grasvegetation. |
Wissenswertes und Hinweise |
Früher waren Ziesel in so großer Zahl vorhanden, dass regional, wie etwa im Tullnerfeld, so genannte Schwoaferlprämien" für jeden vernichteten Ziesel ausbezahlt wurden, um dem Schädling" Herr zu werden. Wie populär die Art ehemals war, lässt sich auch am häufigen Vorkommen von Flurnamen, die Ziesel oder Zeisel beinhalten z.B. Zeiselberg oder Zeisel-Au, erkennen. Doch ist nicht zwangsläufig ein (ehemaliges) Vorkommen des Ziesels damit verbunden, da sich derartige Namen z.B. auch auf den Zeisig (Erlenzeisig, Carduelis spinus) beziehen können oder andere Herkunft aufweisen. |
Literaturhinweise |
Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. Grüne Reihe BMLFUW, Band 13, Wien. |