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 Artsteckbriefe

Autoren  dieses Artsteckbriefes:  Hans-Martin Berg ,  Margit Gross ,  Gernot Neuwirth

Citellus citellus  Linnaeus, 1766

 

Ziesel

Ziesel

©  Stefan Resch

2017

Ziesel

©  Sylvia Marchart

 

 

©  Beate Schoba

 

 

Kurzinfo

Autor: Gernot Neuwirth

Das Ziesel ist ein hörnchenartiges Nagetier der Steppengebiete Osteuropas, das spätestens im Mittelalter in die neu entstandenen Kultursteppen des östlichen Mitteleuropas vorgedrungen ist. Ziesel bewohnen in baumarmen Grasländern Erdbaue im Kolonieverband. Die Zerstörung ihrer Lebensräume und die direkte Verfolgung haben zu einem großflächigen Verschwinden der ehemals weit verbreiteten Art geführt. Damit war auch ein Rückgang der wichtigsten Fressfeinde, wie Kaiseradler, Sakerfalke und Steppeniltis verbunden.

Verbreitung und Lebensraum

Autor: Hans-Martin Berg

Die Verbreitung des Ziesels in Österreich beschränkt sich weitgehend auf das pannonische Tief- und Hügelland. Auch wenn sich das Verbreitungsgebiet mehr oder minder gehalten hat, sind in den letzten Jahrzehnten die Vorkommen stark ausgedünnt. Großkolonien sind sehr selten geworden.
Sein ursprünglicher Lebensraum waren kurzrasige Bergwiesen der Balkangebirge. Von dort ist die Art in die pannonischen Grassteppen und später in die agrarisch geprägten Kultursteppen bis ins östliche Mitteleuropa eingewandert. Die Weide-, Mager- und Trockenrasen der Tief- und Hügelländer Ostösterreichs stellten die wichtigsten Habitate für die heimischen Zieselbestände dar.
Die Beendigung einer extensiven Weidetierhaltung in den Tieflagen sowie Aufforstungen und der großräumige Umbruch von Wiesenflächen in Ackerland in den letzten vier Jahrzehnten haben zum Verlust der wichtigsten Zieselhabitate geführt. Heute sind die Zieselvorkommen auf die Reste ehemaliger Trockenrasen, wiesenartige Raine und Böschungen sowie auf Sekundärlebensräume, wie Sport- und Golfrasen, nicht befestigte Flugfelder, Kasernen- und Fabrikgelände zurückgedrängt. Zunehmend werden in den letzten Jahren Weingartenlandschaften besiedelt, sofern sie über regelmäßig kurz gehaltene Grünflächen (Einsaaten oder Spontanvegetation zum Schutz vor Bodenerosion) verfügen.
Aktuelle Vorkommen reichen im Westen von den äußersten Randlagen des Waldviertels, dem Raum Krems und dem westlichen Tullnerfeld ostwärts über das Weinviertel, das Wiener Becken, das Neusiedler See-Gebiet bis ins Mittelburgenland in die Gegend um Deutsch Kreuz.

Ähnliche Arten

Autor: Margit Gross

Flüchtende Ziesel können bei oberflächlicher Betrachtung mit Mauswiesel (Mustela nivalis) oder Hermelin (Mustela erminea) im Sommerkleid verwechselt werden, doch zeichnet diese bei genauer Betrachtung andersartige Färbung und unterschiedliches Verhalten aus. Schwieriger ist die Unterscheidung der Zieselbaue von denen des Feldhamsters (Cricetus cricetus), da sich die Eingänge (Löcher) recht ähnlich sein können und beide Arten mitunter nebeneinander vorkommen.

Beschreibung

Autor: Margit Gross

Ziesel sind flinke, etwa Wanderratten große Nagetiere mit gelbbrauner bis brauner Färbung. Kurze Ohren und Beine, große Augen und ein mäßig langer Schwanz prägen das Aussehen. Charakteristisch ist das „Männchen-Machen“, das den Tieren eine bessere Übersicht und rechtzeitiges Erkennen von Gefahren, z.B. vor herannahenden Fressfeinden gewährt. Bei Gefahr geben die Tiere typische, laute Pfiffe ab.

Lebensweise

Autor: Hans-Martin Berg

Ziesel bewohnen offene Lebensräume, die von einer niedrigen, gehölzfreien Grasvegetation geprägt werden. In der Kultursteppe werden derartige Flächen durch Beweidung oder Mahd regelmäßig kurz gehalten. Bevorzugt werden tiefgründige, selten oder nicht bearbeitete Böden, da Ziesel in selbst gegrabenen Erdbauen in Kolonien leben. Auch der Grundwasserspiegel muss daher tief liegen. Die Eingänge zu den etwa 1,5 m tiefen Bauen sind 5-7 cm breite, kreisrunde bis ovale Löcher, die in lockeren Gruppen angeordnet sind. Man unterscheidet Dauerbaue mit verzweigten Röhren, mehreren Eingängen und einer Nestkammer für den Aufenthalt, Aufzucht und Winterruhe sowie Schutzbaue, zumeist einfache Röhren, die als Fluchtraum und fallweise der Ruhe dienen.
Ziesel sind tagaktive Tiere, die von Oktober bis März einen Winterschlaf halten. Von März bis Mai dauert die Fortpflanzungszeit, ab Juni erscheinen die ersten Jungtiere an der Erdoberfläche. Bei kühle Witterung und Regen verbleiben die Tiere generell in den Bauen. Auch in sehr heißen Tageszeiten sind die Ziesel kaum an der Oberfläche zu sehen. Ziesel fressen Samen, Blüten, Wurzeln und Zwiebeln verschiedenartiger Pflanzen, gerne diverse Gras-, Klee- und Luzernearten sowie Löwenzahn. Insekten, v.a. Heuschrecken und Käfer, nehmen unterschiedliche Anteile in der Nahrung ein.

Gefährdung und Schutz

Autor: Hans-Martin Berg

Das Ziesel gilt in Österreich nach der aktuellen „Roten Liste“ (2005) als stark gefährdete Art („endangered“). Aufgrund des großräumigen Verlusts geeigneter Lebensräume sind viele Kolonien geschrumpft oder wegen einer fehlenden Anbindung an benachbarte Vorkommen erloschen. Durch zahlreiche, den Lebensraum zerschneidende Strukturen, wie Straßen und dicht verbaute Gebiete, wird der Austausch zwischen den Kolonien erschwert oder unmöglich gemacht. Zahlreiche Vorkommen in den verbliebenen Relikten von (Halb)Trockenrasen sind mangels Biotoppflege durch Aufkommen von höherer Vegetation (Verbuschung) vom Erlöschen bedroht. Kolonien auf Sekundärstandorten, v.a. auf Sportrasen, sind aufgrund einer konfliktären Nutzung durch den Menschen vereinzelt von „Bekämpfungsmaßnahmen“ betroffen. Andererseits profitieren die Zieselbestände auf diesen Standorten auch von der regelmäßigen Pflege (Kurzhalten) der Grasvegetation.
Das Ziesel ist eine Art des Anhanges II der FFH-Richtlinie der Europäischen Union. Dabei handelt es sich um „Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“. Zudem ist sie auch im Anhang IV gelistet und damit eine „streng zu schützender Tierart von gemeinschaftlichem Interesse“. In den drei Bundesländern mit Zieselvorkommen findet sich die Art jeweils in speziellen Schutzverordnungen.

Wissenswertes und Hinweise

Autor: Hans-Martin Berg

Früher waren Ziesel in so großer Zahl vorhanden, dass regional, wie etwa im Tullnerfeld, so genannte „Schwoaferlprämien" für jeden vernichteten Ziesel ausbezahlt wurden, um dem „Schädling" Herr zu werden. Wie populär die Art ehemals war, lässt sich auch am häufigen Vorkommen von Flurnamen, die „Ziesel“ oder „Zeisel“ beinhalten – z.B. Zeiselberg oder Zeisel-Au, erkennen. Doch ist nicht zwangsläufig ein (ehemaliges) Vorkommen des Ziesels damit verbunden, da sich derartige Namen z.B. auch auf den Zeisig (Erlenzeisig, Carduelis spinus) beziehen können oder andere Herkunft aufweisen.

Literaturhinweise

Autor: Hans-Martin Berg

Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. Grüne Reihe BMLFUW, Band 13, Wien.
Spitzenberger, F. (2005): Rote Liste der Säugetiere Österreichs (Mammalia). In: Zulka, K. P. (Red.): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs. Grüne Reihe BMLFUW, Band 14/1, Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 45-62.

Zu dieser Art

Trivialnamen

deu

Ziesel